Wie entsteht so ein Muskelfaserriss – Und was kann man tun?

Mein Wissen zum Thema Muskelfaserriss habe ich sehr rasch und unerwartet bereichert, ganz nach dem Motto ‚Unverhofft kommt oft’: Nach einigen Stunden am Schreibtisch wollte ich den Weg zu meiner Küche über den Flur wie immer hüpfend zurücklegen, weil dieser Flur sehr lang ist, hüpfen die Laune hebt und insgesamt auflockert… (bisher jedenfalls war das so gewesen). Also trat ich hinaus, setzte zum ersten Hüpfer an und praktisch im gleichen Moment tat es einen furchtbaren Knall.

 

Wie ich einen Muskelfaserriss erfahren habe

Dieser Knall kam weder aus dem Garten, noch war eine ernsthafte Auseinandersetzung im Treppenhaus zu Gange und auch meine Fantasie spielte mir keinen Streich- nein, der Knall entsprang meiner linken Wade. Das muss man erst mal realisieren- eine Explosion von deutlicher Lautstärke im eigenen Körper.

Doch zum Nachdenken bleibt wenig Zeit, denn dem Knall folgt in Sekundenbruchteilen ein abartiger Schmerz und ich als zart besaitetes Wesen sah blitzartig mein baldiges Ableben vor mir- baldig hieß in dem Fall jetzt gleich- schließlich hatte ich keinen Moderator zur Hand, der mir sagte „Hey, du hattest eben nur mal einen Muskelfaserriss!”.

Keine Ahnung, wie ich zur Terrassentür gelangte und es auch noch schaffte, die aufzumachen… Mit Ableben war es dann jedenfalls doch nichs, aber auch  das Thema ‚Gehen’ war ab diesem Moment gestrichen. Dieses Bein war  unbrauchbar- zum Glück tat ich instinktiv das einzig richtige: Eis drauf, hochlegen, bandagieren (PECH-Regel: Pause, Eis, Compression, Hochlegen- siehe unten).

 

Wie entsteht so ein blöder Muskelfaserriss?

Meist bei Sportlern, die sich nicht genügend aufgewärmt haben. Typisch ist aber auch, das sieht man an meinem Beispiel, eine Absprungsituation, mit der der Muskel praktisch nicht gerechnet hat. Stundenlang hing er mit seinem Besitzer am PC, döste vor sich hin, ließ das Hirn denken und war quasi auf Kurzurlaub. Und plötzlich fordert der Besitzer vollen Einsatz von ihm: „Jetzt kontrahieren und dann sofort strecken!”- „Hallo?! Eben noch im Tiefschlaf und jetzt so viel Aktion auf ein Mal?? Nö, wieso das jetzt? Spinnst du??”  So was kann einen glatt umbringen, auch als ansonsten  zuverlässigen Muskel!

Also ein Freudensprung kann durchaus auch mal im Gegenteil enden, und das sehr rasch.

Seltener, aber eine weitere Ursache für einen Muskelfaserriss ist ein Schlag oder sonstige Gewalteinwirkung auf einen bereits angespannten Muskel (denkbar ein neidischer Nachbar im Fitness-Studio: „Hey, der hat was, was ich nicht habe!”…).

Übrigens erlitt ich ordinärer weise meinen Muskelfaserriss an der Stelle, an der er meist vorkommt: an der Wade. Also keine exotische Sache, das war aber auch nicht mein Anliegen- die ganze Sache war nicht mein Anliegen, genau betrachtet.

Prinzipiell kann man sich aber an jedem Muskel einen Faserriss einfangen.

Auch hatte ich die typische Delle an der Stelle zwischen Achillessehne und Kniekehle. Man hätte etwa eine Euro-Münze für den Einkaufswagen darin deponieren können- ziemlich sinnlos, denn Shoppen war vorerst gestrichen.

Diese Delle hat aber nicht jeder und sie verschwindet nach kurzer Zeit (zwei, drei Tagen). Auch einen Bluterguss hat nicht jeder- ich zum Beispiel nicht. Nur eine mittlere Schwellung, damit habe ich aber noch Glück gehabt, denn je nach Schweregrad kann die Wade oder der sonstige Einsatzort des Risses wahrhaft monströse Ausmaße annehmen. Übrigens ist auch nicht jeder Muskelfaserriss hörbar- mal knallt’s, mal nicht. Aber da ich  schon immer einen leichten Hang zur Dramatik hatte,  ließ ich es gleich richtig krachen…

 

Diagnose

Übrigens ist es als Laie nicht leicht, einen Muskelfaserriss von einem Riss der Achillessehne zu unterscheiden. Bei einem Riss der Achillessehne ist es zum Beispiel unmöglich, bei einbeinigem Stand die Ferse vom Boden zu heben. Das konnte ich aber auch nicht! Dieser Versuch rief in etwa dasselbe Gefühl hervor, wie wenn einem ein Wort auf der Zunge liegt, man es aber nicht findet- einfach unmöglich und sehr quälend.

Für den Riss der Achillessehne gibt es aber noch ein Indiz: in Bauchlage und mit frei schwebendem Unterschenkel bewegt sich der Unterschenkel bei waagrechtem Druck auf die untere Wade vom Knie weg bzw. von hinten gesehen zur Kniekehle hin. Findet diese Bewegung nicht statt, handelt es sich um einen Riss der Achillessehne. Zum Vergleich nehme man das gesunde Bein heran.

Der Herr Doktor verwendet zur Klärung der Diagnose am häufigsten Ultraschall, aber auch genau diese Tests.

 

Erste Hilfe

Meine instinktive Erste-Hilfe-Maßnahme war genau richtig.

Man nennt das auch PECH:

P-Pause

E-Eis

C-Compressionsverband

H- Hochlagern

Gut, wenn man sich das mal merkt- gilt für fast alle Sportverletzungen. Bezeichnend natürlich die Initialen…

 

Weitere Hilfe

Die besteht nach inzwischen relativ einhelliger Ansicht in folgenden Maßnahmen:

Ruhigstellen, aber nicht zu lang. Bandagen und Heparinverbände können gegen Schmerzen eingesetzt werden, ebenso kortisonfreie Schmerzmittel.

Ich selbst schwöre auf Arnika-Bandagen, man wird ja vertraut mit seinen Malheurs…

Die frühe alltagsübliche Belastung des Muskels ist willkommen.

(Früh heißt, sobald es geht und soweit es die Schmerzgrenze zulässt-ich merkte zu Beginn des dritten Tages schon, wie ich allmählich den Fuß wieder ganz vorsichtig abrollen konnte.  An Belastung oder  Zehenstand war aber noch nicht zu denken und insgesamt wirkte mein Gang wenig elfenhaft. Das Gehinke dauerte insgesamt etwa acht Wochen, bis sich allmählich wieder ein halbwegs normaler Gang einstellte.)

Ergänzend ist  eine gezielte Physiotherapie hilfreich, ab etwa einer Woche nach dem Ereignis- in Frage kommen auch Elektrotherapie, Lymphdrainagen und / oder gefühlvolles Dehnen und isometrisches Anspannen.

Operiert wird übrigens erst, wenn mehr als ein Drittel des Muskelquerschnitts gerissen sind- dann werden die Enden zusammengenäht.

Wichtig:
Absolute Trainingspause, ansonsten besteht die Gefahr, dass immer mehr kleine Fasern einreißen und es zu einem neuen Dilemma kommt. Dauer der Nachsorge: etwa sechs Wochen. Voller Einsatz des Muskels erst nach etwa drei Monaten, wenn die Muskeln wieder so elastisch wie früher sind. Zumindest bei Wärme…

 

Mein Tipp:

Ich würde von einem Muskelfaserriss abraten- allein die Schockwirkung ist nicht sehr günstig fürs Gemüt-, sondern vielmehr die vorbeugenden Maßnahmen empfehlen: vor dem Sport immer ausreichend aufwärmen und auch die Erkaltung der Muskeln nach längerer sitzender Tätigkeit niemals unterschätzen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.